Forschungsschwerpunkt Wissenschaftsreflexion

Bild: Daniela Leitner

Der am ZIWIS eingerichtete Arbeitsbereich Wissenschaftsreflexion untersucht die erkenntnistheoretischen, normativen, soziokulturellen und historischen Bedingungen, unter denen wissenschaftliche Praxis stattfindet. Dies schließt auch die Reflexion der gesellschaftlichen und ethischen Konsequenzen und Risiken wissenschaftlichen Handelns ein. Der Arbeitsbereich verfolgt das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden aus erkenntnistheoretischer, ethischer und historischer Perspektive zu reflektieren und ihre problemorientierte Anwendung zu überprüfen. Dabei werden Forschung und forschungsbasierte Lehre zusammengeführt und die interdisziplinäre Zusammenarbeit der an der FAU vertretenen Disziplinen gestärkt.


 

Arbeitsschwerpunkte

Wissenschaftliches Wissen hebt sich von anderen Wissensformen durch seinen besonderen, auf der spezifischen Methodik und Systematik des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses gründenden Geltungsanspruch ab. Vor diesem Hintergrund forscht der Arbeitsbereich an theoretischen und historischen Fragen zur Wissensproduktion, die aus der Perspektive der Einzelwissenschaften selten in den Blick genommen werden. Ziel ist es, zu einer kritischen Selbstreflexion der Wissenschaft beizutragen. Die Forschungsschwerpunkte umfassen deshalb sowohl allgemeine Grundfragen der Wissenschaftsphilosophie und -geschichte als auch spezielle wissenschaftstheoretische, -ethische und -historische Aspekte einzelner Disziplinen. Das Team verfügt über besondere Expertise in der Philosophie der Psychologie, Biologie, Neurowissenschaften, Informatik und Sozialwissenschaften sowie in der Geschichte der Naturwissenschaften.

Themen in der Forschung (Auswahl):
  • Vertrauen in die / in den Wissenschaften
  • Kooperation und Konkurrenz als Strukturelemente wissenschaftlicher Erkenntnisprozess
  • Wissenschaftliche Erkenntnis und ökonomischer Verwertungsdruck
  • Scheitern und Fehler in den Wissenschaften
  • Mainstream und Pluralismus in den Wissenschaften
  • Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Forschung
  • Institutionalität und Organisationsformen von Wissenschaft
  • Wissenschaftliche Erkenntnismethoden (Beobachtung, Experiment)
  • Wissenschaftstheorie der Medizin

 

Aktivitäten

Forschungskolloquium Wissenschaftsreflexion

Programm Winterstemester 2022/23


Vortragsreihe: Die Zukunft der Forschung – Highlights aus den fünf Fakultäten

anlässlich des 275-jährigen Jubiläums der Universität Erlangen-Nürnberg

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sitzen im Elfenbeinturm und grübeln über Dingen, die sonst niemand versteht? Weit gefehlt! Wissenschaft erkundet die Welt um uns herum und ist zum Erleben da. Anlässlich des 275-jährigen Bestehens der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert die Vortragsreihe im Nicolaus-Copernicus-Planetarium Vorträge aus allen fünf Fakultäten. Dabei stellen die Referentinnen und Referenten unter Beweis, dass Wissen nichts Statisches ist, sondern immer in Bewegung. Im Jubiläumsjahr geht die Universität auf die Öffentlichkeit zu und zeigt, wie Wissen geschaffen, erweitert und vermittelt wird. Dabei wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Zukunft der Forschung gelegt. Weitere Kooperationspartner sind das Cauchy-Forum-Nürnberg e.V. und das Nicolaus-Copernicus-Planetarium Nürnberg.

 

Mittwoch, 14.11.2018, 19:00 – 20:30 Uhr

Licht in den Lebenswissenschaften – Wie Physik zur Grundlagenforschung in der Medizin beitragen kann

Prof. Dr. Vahid Sandoghdar, Universität Erlangen-Nürnberg, Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts

Durch Fortschritte in Biophysik und Nanooptik ist eine neue Ära angebrochen, in der Physiker ihre experimentellen und theoretischen Werkzeugkästen – vor allem im Bereich Optik – für fundamentale Fragestellungen in der medizinischen Forschung und Zellbiologie anwenden können. In diesem Vortrag werden jüngste Trends dieses aufregenden Forschungszweigs sowie die Aktivitäten im Rahmen des neugegründeten Zentrums für Physik und Medizin in Erlangen diskutiert.

Mittwoch, 21.11.2018, 19:00 – 20:30 Uhr

Autonome Lenksysteme & Co. – Wer haftet für neue Technologien?

Prof. Dr. Franz Hofmann, Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Recht des Geistigen Eigentums und Technikrecht

Während Gründer in neuen technischen Möglichkeiten Geschäftschancen sehen, erweisen sich Juristen nicht selten als Bedenkenträger. Freilich muss das Recht differenziert ausgestaltet sein: Einerseits darf Innovationen durch restriktive Rechtsregeln nicht von vorneherein jegliche Bewährungschance genommen werden. Andererseits können gerade Haftungsregeln Anreize schaffen, neue Produkte sicherer zu machen. Im Vortrag werden juristische Haftungskonzepte vorgestellt und namentlich für selbstfahrende Autos oder Roboterrasenmäher etc. ausgefüllt.

Mittwoch, 28.11.2018, 19:00 – 20:30 Uhr

Mit Biotechnologie in eine nachhaltige Zukunft: Über das Zusammenspiel natürlicher und synthetischer Komponenten

Prof. Dr. Kathrin Castiglione, Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik

Zu den Zielen der biotechnologischen Forschung gehört es, den Übergang von einer erdölbasierten zu einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaft zu ermöglichen. Durch das Nachahmen natürlicher Strategien zum Aufbau komplexer Moleküle, das Nutzen biologischer Katalysatoren und ihre Kombination mit künstlichen Bestandteilen können Prozesse entwickelt werden, die viele Vorteile gegenüber der klassischen Synthese haben.

Mittwoch, 05.12.2018, 19:00 – 20:30 Uhr

Bodykult und Bodywork – soziologische Perspektiven auf den Körper und die Praxis der Körperarbeit

Prof. Dr. Renate Liebold, Universität Erlangen-Nürnberg, Professur für qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung

Forever Young – Schönheit, Attraktivität und Fitness tragen aktuell zum Erfolg einer Industrie bei, die von der Kommerzialisierung des Körpers lebt und sie zugleich vorantreibt. Dabei ist die Liste der gegenwärtig unter dem Label (Selbst)Optimierung firmierenden Praktiken lang: Kosmetik, Tätowierung, Bartpflege, Nageldesign und Haarstyling sind nur einige Beispiele. Sozial- und kulturwissenschaftlichen Analysen zufolge wird dieser ‚Körperboom’ als Ausdruck eines kulturellen Gesellschaftswandels interpretiert, in dem das Aussehen als zentrale Ressource für Erfolg und Anerkennung bearbeitet wird. Der Beitrag fokussiert sowohl auf aktuelle Körperdiskurse als auch auf die Arbeit der Dienstleistungsakteure, die das gewünschte Aussehen übersetzen.

Mittwoch, 12.12.2018, 19:00 – 20:30 Uhr

Molekulare Medizin – Wie verändert sich unser Medizinverständnis?

Prof. Dr. Anja Boßerhoff, Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Biochemie und Molekulare Medizin

Das molekulare Verständnis von Krankheitsursachen, auch angetrieben durch das Human Genome Project, wächst stetig an. Dies ermöglicht innovative und sehr zielgerichtete Therapien, die zum Teil sogar auf individuelle Patienten abgestimmt werden können. Weitere Fortschritte werden dazu beitragen, langfristig unser Medizinverständnis und therapeutische Konzepte zu ändern.

Ort:                                       Nicolaus-Copernicus-Planetarium, Am Plärrer 41, Nürnberg

Veröffentlichte Dateien:   Vortragsübersicht


Schwerpunktthema Wissenschaftsgeschichte

Allgemeine Einführung: Wahrnehmungspraxis in der Kulturgeschichte der Wissenschaften. Eine Einführung in die Wissenschaftsgeschichte (Erlangen: 12.02.-14.02.2018)

Mit den Anfängen der modernen Wissenschaft, die mit ihrer experimentellen Wende im 16. Jahrhundert angesetzt wird, setzt auch ein verändertes Verhältnis zur Wahrnehmung insgesamt ein. Im Bemühen um Schärfung und Erweiterung des Sinnesvermögens hat man für die experimentelle Praxis der Wissenschaften vielerlei Techniken und Hilfsmittel konstruiert, die von einer Reflexion über korrekte, verzerrte, täuschende oder reglementierte Potentiale von Wahrnehmung und ihren verschiedenen Repräsentationen begleitet war. In dieser wissenschaftshistorischen Lehrveranstaltung soll der kulturelle Kontext und der technische Aspekt dieser sich verfeinernden Methode zusammen mit den theoretischen Diskursen über die Möglichkeiten, ein möglichst objektives Bild der Natur zu erhalten, besprochen werden. Die Darstellung dieses Wissens in Sammlungen, Karten/Atlanten, Modellen, Bildern, Fotografien und Filmen wird dabei helfen. Dabei soll der Aspekt ihrer Historizität herausgearbeitet werden, indem auf die sozialen und wissenschaftlichen Kontexte eingegangen wird, die zB. die Konstruktion von Apparaten zur Schallaufnahme begleitet haben, genauso wie die Bildarrangements botanischer Zeichnungen, die Modelle von Wasserfällen, die verschiedenen bildförmigen Darstellungen von Evolutionstheorie oder der Einsatz von Fotografischer Forschung über Bewegungen, die mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind. Mit der zunehmenden Vielfalt der Methoden, z.B. der Fixierung mikroskopischer Beobachtungen, mit der Fotografie, mit der Röntgenaufnahme lernen wir die historisch unterschiedlichen Funktionen ihres Einsatzes in Wissenschaft und Kultur kennen und damit auch ihren jeweils institutionellen und/oder symbolischen Ort ihres Einsatzes.

Naturwissenschaften: Einführung in die Geschichte der Chemie (Erlangen: 01.06.-03.06.2018)

Chemie ist eine der drei klassischer Weise so bezeichneten Naturwissenschaften. Anders als die Physik ist sie als „späte“ Wissenschaft zu bezeichnen. Obwohl Chemie mit Blick auf die Synthese neuer Substanzen in einer einzigartigen Weise als kreative Wissenschaft zu bezeichnen ist, wird sie sowohl in der Wissenschaftstheorie als auch in der Wissenschaftsgeschichte eher stiefmütterlich behandelt. Die Gründe dafür liegen eben in der langen, spannenden und nur interdisziplinär zu begreifenden Geschichte der Chemie, die zunächst viel eher eine Kunst im Sinne eines Handwerks war, die dann Alchemie war, bevor sie seit dem 18./19. Jahrhundert als moderne Wissenschaft zu bezeichnen ist.

Sozialwissenschaften: Einführung in die Geschichte der modernen Geistes- und Sozialwissenschaften (Erlangen: 06.04, 17.05 und 21.06.18)

Die Geschichte einer Wissenschaft ist immer auch die Geschichte ihres Gegenstandes. Beide stehen in wechselseitigem Verhältnis zueinander und bringen sich gegenseitig hervor, so auch im Fall der modernen Geistes- und Sozialwissenschaften. Zweifelsfrei gab es auch schon „vormoderne“ Begriffe von Geist und Gesellschaft, die spezifischen Disziplinen (z.B. Philosophie, Theologie) verpflichtet waren. Mit den politischen und sozialen Umbrüchen im Übergang zur Neuzeit (etwa seit dem ausgehenden 17 Jh.) entstanden jedoch ganz neue Formen des Zusammenlebens, der Individualität oder der Technik, die sich wiederum in ganz anderen Beschreibungen spiegelten. Ausgehend von dieser These untersuchen wir in diesem Kurs schlaglichtartig die Geschichte der modernen Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Pluralisierung von Lebensformen und die Ausdifferenzierung von Gesellschaft (Bevölkerungswachstum, Mobilität, industrielle Produktion usw.) brachten ganz neue Probleme mit sich. Diese zwang nicht nur die klassischen (akademischen) Disziplinen zu Reaktionen, sondern brachte eine Vielzahl neuer Disziplinenprojekte hervor, die sich von ihren Vorgängern abzusetzen suchten. Vorbilder oder Ideale fanden sie dabei nicht selten in den zeitgleich ebenfalls sehr dynamischen Naturwissenschaften. Es entstand eine große Zahl von Disziplinen, die sich weiter aufspalteten bzw. spezialisierten, schließlich aber doch unter dem Dach der Geistes- und bzw. oder der Sozialwissenschaften zusammengefasst wurden. Der Kurs soll einen Überblick über diese Geschichte bieten und exemplarisch vertiefen. Neben Ursprungserzählungen, Autoritätskämpfen und Methodendiskussionen soll auch das Verhältnis der Geistes- und Sozialwissenschaften zu den Naturwissenschaften untersucht werden, um Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen zu historisieren.

Lebenswissenschaften: Einführung in die Geschichte der Biologie (Erlangen: 25.05.-27.05.2018)

Die Biologie ist zu einer zentralen Wissenschaft für das menschliche Selbstverständnis geworden: Sie gibt Aufschluss über unsere Natur als physisch-psychische Organismen, unsere genealogische Verbundenheit mit allen anderen Lebewesen und unsere Abhängigkeit vom ökologischen Miteinander der Wesen auf der Erde. Um die theoretischen und begrifflichen Grundlagen der Biologie zu verstehen, ist ein Blick in ihre Geschichte unverzichtbar. Die Wurzeln der Biologie liegen in der Antike, zu einer Wissenschaft mit vereinheitlichenden Konzepten wie ›Zelle‹, ›Entwicklung‹, ›Evolution‹ und ›Verhalten‹ entwickelt sie sich seit der Zeit um 1800. In der Gegenwart verschränken sich in ihr in zunehmendem Maße faktische mit normativen Fragen, etwa in den Bereichen der Biomedizin und Biodiversität.

Das Seminar gibt einen Überblick über die Geschichte der Biologie und deren Relevanz für die Gegenwart. Besondere Vorkenntnisse sind nicht notwendig. Ein genauer Seminarplan folgt. Ein digitaler Reader mit einem Text für jede Sektion wird bereitgestellt und sollte vor Beginn des Seminars gelesen werden.


Vortragsreihe: Vom Reiz des Wissens. Wissenschaft und Erkenntnis (Nürnberg: 23.01.-06.03.2018)

Wissenschaft findet mehr heraus als jede/r Einzelne es könnte. Aber wie macht sie das? Wie funktioniert das Geflecht aus Hypothesen und Theorien, Beobachtungen und Experimenten, das uns Quanten, Gene und Neuronen erschließt? Die Verlässlichkeit der Forschungsmethoden, die Selbstkorrektur der Wissenschaft, der Einfluss externer Interessen und Bewertungen, aber auch die Rolle des forschenden Menschen stehen im Fokus der Vortragsreihe „Vom Reiz des Wissens“, die der Forschungsschwerpunkt Wissenschaftsreflexion des ZiWiS in Kooperation mit „Kortizes – Institut für populärwissenschaftlichen Diskurs“ und der Stadt Nürnberg im Nicolaus-Copernicus-Planetarium veranstaltet. Sprecher sind am 23.01.2018 Prof. Dr. Ernst-Peter Fischer (Wissenschaftsgeschichte, Heidelberg); am 06.02.2018  Prof. Dr. Gerhard Ernst (Philosophie, Erlangen), am 20.02.2018 Prof. Dr. Franz Wuketits (Biologie und Wissenschaftstheorie, Wien) und am 06.03.2018 Prof. Dr. Dr. Rafaela Hillerbrandt (Philosophie, Karlsruhe). Programm und Moderation: Michael Jungert und Sebastian Schuol.


Workshop: Das Ende der Theorie? Big Data in der Forschungspraxis (Erlangen: 10.10.-11.10.2017)

In der Vergangenheit wurde im Zusammenhang der Entwicklung von Big-Data-Verfahren in einigen Forschungsbereichen ein bedeutender Wandel der wissenschaftlichen Forschungspraxis erwartet. Unter anderem wurde spekuliert, dass das traditionelle, hypothesengeleitete Vorgehen in datenintensiven Forschungsbereichen durch einen neunen, rein datengetriebenen Ansatz abgelöst werden würde. Mittels statistischer Methoden könnten Hypothesen in Zukunft allein auf Grundlage gegebener Datenstrukturen generiert und so die Hypothesenbildung am Ende selbst automatisiert werden. Da diese wissenschaftstheoretische Debatte vor der Etablierung von Big-Data-Verfahren stattfand, lässt sich erst jetzt nach der erfolgten Etablierung dieser Verfahren in immer mehr Forschungsbereichen empirisch überprüfen, inwiefern sich diese Erwartungen tatsächlich bewahrheitet haben.

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Ringvorlesung: Wissenschaftsreflexion. Theorie, Ethik, Praxis. (Erlangen: Sommersemester 2017)

In Kooperation mit dem Institut für Philosophie und der Professur für Ethik in der Medizin der FAU ging die Ringvorlesung „Wissenschaftsreflexion. Theorie, Ethik, Praxis“ Fragen nach wie: Welche Rolle spielt die Wissenschaft für demokratische Gesellschaften? Was bedeutet Freiheit der Wissenschaft? Welche ethischen Fragen resultieren aus der aktuellen Forschung in Medizin und Psychiatrie?

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Forschungsprojekte

Language, Visualizations and Concepts – On the Evolution of the Corona Discourse (LaViCo) /
Sprache, Visualisierungen und Konzepte Zur Evolution des Corona-Diskurses

Projektleitung: Dr. Sebastian Schuol (PI), Dr. Katrin Götz-Votteler, Dr. Simone Hespers

Finanzierung: VolkswagenStiftung (Förderlinie „Corona Crisis and Beyond – Perspectives for Science, Scholarship and Society“)

Projektlaufzeit: ab Frühjahr 2021 (18 Monate)

Am Fallbeispiel des Diskurses zur Corona-Pandemie untersucht das von der VolkswagenStiftung geförderte Forschungsprojekt mittels eines evolutionstheoretischen Ansatzes, wie wissenschaftliche Erkenntnisse  vermittelt wurden, wie sich diese im Zeitverlauf verändert haben und welche Konzepte sich schließlich durchgesetzt haben. Aus drei verschiedenen Perspektiven wird analysiert, wie das entstehende Wissen über das Virus und die Erkrankung (a) versprachlicht sowie (b) visualisiert wird und (c) auf welche Weise der Austausch zu diesem Thema stattfindet. Ein weiteres zentrales Erkenntnisinteresse besteht darin zu eruieren, ob und wenn ja, aus welchen Gründen, sich bestimmte Vermittlungswege durchsetzen konnten. Wir erhoffen uns von diesem interdisziplinären Ansatz Ergebnisse, die auch für zukünftige wissenschaftskommunikative Anliegen wegweisend sein können.

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Die Politik der Vernetzung: Interessenvertretung und Naturforschung in der frühen Leopoldina (1652-1769) / Networking politics: Status Interests and Study of Nature in the Early Leopoldina (1652-1769)

Projektleitung: Dr. Julia Carina Böttcher

Finanzierung: DFG (Förderlinie „Sachbeihilfe: Eigene Stelle“)

Projektlaufzeit: 10/2020 – 09/2023

Anliegen des Projekts ist es, anhand der Mitglieder der frühen Leopoldina das Handlungsmuster des frühneuzeitlichen Gelehrten im Spannungsfeld zwischen Naturforschung und Politik zu untersuchen.

Die frühe Leopoldina nutzte als Gelehrtengesellschaft erfolgreich die spezifischen Gegebenheiten im Reich: 1652 als Academia Naturae Curiosorum gegründet, etablierten die in ihr vereinigten Mediziner binnen weniger Jahrzehnte eine stabile, unabhängige und privilegierte Einrichtung für Naturforschung. Als Ärzte vertraten sie geschickt ihre Interessen in ganz verschiedenen Feldern: innerhalb der Akademie, in Städten, an Universitäten, am Kaiserhof und in den Territorien des Reichs. Über ihren Deutungsanspruch für Themen wie Gesundheit und Hygiene, Natur und ihre Erforschung gestalteten sie die frühneuzeitliche Gesellschaft aktiv mit.

Die Mitglieder der Leopoldina sind historisch interessant als Personen, die in verschiedenen Tätigkeitsfeldern agierten, sei es politisch oder naturforschend, im städtischen oder akademischen Kontext. Die Geschichte der frühen Leopoldina bietet die geschichtswissenschaftlich wie wissenschaftshistorisch reizvolle Möglichkeit, das Verhalten ihrer Mitglieder als Akteure in den verflochtenen Aktivitätsfeldern von Naturforschung und Politik zu analysieren. Forschungsleitende Hypothese ist, dass sich mithilfe einer Untersuchung dieser naturforschenden Ärzte Charakteristika des Handlungsmusters einer sich herausbildenden Funktionselite erschließen lassen.


Scheitern in den Wissenschaften – historische und systematische Perspektiven

Projektleitung: Dr. Michael Jungert (FAU Erlangen-Nürnberg, ZiWiS), Dr. Sylvia Brockstieger (Universität Heidelberg), Dr. Mona Garloff (Universität Innsbruck)

Finanzierung: VolkswagenStiftung (Förderlinie „Originalitätsverdacht?“ Neue Optionen für die Geistes- und Kulturwissenschaften)

Projektlaufzeit: 01.04.2020 – bis 31.07.2022

© faithie | Adobe Stock

Das Scheitern ist in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen ein ständiger Begleiter der wissenschaftlichen Praxis, wird jedoch im innerwissenschaftlichen Diskurs und in der Außendarstellung von Wissenschaft kaum thematisiert. Auch seine mitunter produktiven Implikationen werden verschwiegen. Gescheiterte Ansätze oder Experimente können in der Regel nicht publiziert werden, es mangelt an der systematischen Sichtbarmachung erfolgloser Versuche, und Drittmittel werden vor allem auf der Basis greifbarer und (vermeintlich) neuartiger Ergebnisse und vorzeigbarer Erfolge vergeben. Um die Bedingungen für einen produktiven Umgang mit dem Scheitern zu verbessern, sind das Erkennen des Prozesscharakters von Wissenschaft und die eingehende historische Analyse ihrer Kontexte, Formen und Auswirkungen „gescheiterter“ Wissenschaft von entscheidender Bedeutung. In unserem Projekt sollen erstmals drei Perspektiven auf das Scheitern in der Wissenschaft zusammengeführt werden, nämlich die der Wissenschaftsphilosophie, der Geschichtswissenschaft und der Literaturwissenschaft, sowie vormoderne und moderne Problembestände aufeinander bezogen werden. Dieses Vorgehen verstehen wir im Sinne einer Problemgeschichte des Scheiterns, in der die verschiedenen Formen, Funktionen, Semantiken und Praktiken scheiternder Wissenschaft, wie sie uns in ausgewählten Fällen der Wissenschaftsgeschichte entgegentreten, auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin befragt werden. „Scheitern“ hat eine epistemologische Seite (Irrtum) und eine praxeologische Seite (Scheitern als Zuschreibung), deren wechselseitige Verschränkung es zu erhellen gilt.


Wissen durch Vertrauen? Zur Epistemologie der Zeugnisse wissenschaftlicher Experten

(DFG-Sachbeihilfe; Dr. Jon Leefmann; Laufzeit: Januar 2018 – Dezember 2020)

Ziel des Projekts ist es Theorie zu entwickeln, wie Nicht-Experten trotz ihrer epistemisch stark asymmetrischen Beziehung zu wissenschaftlichen Experten aus deren Zeugnissen erworbene Überzeugungen rechtfertigen und damit als Wissen auszeichnen können. Im Zentrum steht dabei der Begriff des „epistemischen Vertrauens“. Zum einen wird untersucht, was diese Haltung des Nicht-Experten gegenüber den Wissensansprüchen wissenschaftlicher Experten in epistemischer Hinsicht im Kontrast zu anderen Haltungen wie Skepsis oder Autoritätsgläubigkeit auszeichnet. Zum anderen soll durch die Untersuchung zweier wissenschaftsphilosophisch relevanter Expertenkontexte erklärt werden wodurch diese Haltung (wenn überhaupt) als Methode des Wissenserwerbs verlässlich wird: Der Wissensproduktion in interdisziplinären Forschergruppen und der Wissenschaftskommunikation mit einer interessierten Öffentlichkeit. Insbesondere soll dabei die Hypothese geprüft werden, dass auf Expertenzeugnissen beruhende Überzeugungen des Nicht-Experten nur dann als gerechtfertigt gelten können, wenn Expertenzeugnisse nicht als einseitige Akte der Informationsübermittelung, sondern als Kommunikationsprozesse aufgefasst werden, in denen die Rechtfertigung der vom Nicht-Experten erworbenen Überzeugung in einem vernünftigen Prozess von beiden Kommunikationspartnern gemeinsam konstruiert wird.

Weitere Informationen

Stellenausschreibung: Studentische Hilfskraft (w/m/d) – Student Research Assistant (f/m/d)

International Workshop: Epistemic Trust in the Epistemology of Expert Testimony (Erlangen, 07.03.-08.03.2019)

Personen




Dr. Julia Böttcher

DFG-Projekt „Die Politik der Vernetzung. Interessenvertretung und Naturforschung in der frühen Leopoldina, 1652-1769“


Dr. Sebastian Schuol

ZGS-Projekt "Wissenschaftsreflexion"

Wissenschaftsreflexion im Studium

Themen in der Lehre (Auswahl):

Das Lehrangebot richtet sich an Studierende aller Fakultäten. Es umfasst sowohl grundlagenorientierte wie auch forschungsgeleitete Seminare und wird ergänzt um weitere Formate wie Workshops, Vortragsreihen und Diskussionsforen. In engem Dialog mit den einzelnen Fachbereichen der FAU greift der Arbeitsbereich Wissenschaftsreflexion dabei aktuelle und grundsätzliche Fragestellungen auf. Die Veranstaltungen bieten Studierenden die Möglichkeit, ihr Fachstudium in einem interdisziplinären Rahmen zu reflektieren und ihre Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit Wissenschaft zu entfalten.

  • Einführungen in die Wissenschaftsphilosophie, -ethik, und -geschichte
  • Epistemisches Vertrauen in den Wissenschaften
  • Geschichte kognitiver Leidenschaften (Neugier, Staunen)
  • Erkenntnistheorie computergestützter Forschungsmethoden
  • Ethik der Genetik und Ethik der Neurowissenschaften
  • Autorschaft in der Wissenschaft
  • Leistungsgesellschaft und Depression
  • Anwendungsbezüge der Evolutionstheorie
  • Philosophie und Ethik der Technikwissenschaften

Die Teilnahme an den Veranstaltungen steht allen Studierenden der FAU offen und ist kostenlos. Die Lehrangebote sind mit ECTS-Punkten versehen und werden – sofern die Fachstudien- und Prüfungsordnung dies vorsieht – im Rahmen der Schlüsselqualifikationen anerkannt.

Zeitschrift für Wissenschaftsreflexion (ZfW)

Die Zeitschrift für Wissenschaftsreflexion – Journal for Applied Philosophy of Science (ZfW) ist ein vom Forschungsschwerpunkt Wissenschaftsreflexion des ZiWiS herausgegebenes Online-Journal. Veröffentlicht werden wissenschaftliche Arbeiten, die den Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem Erkenntnisanspruch und seinen methodologischen, historischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Auswirkungen untersuchen oder aus einer interdisziplinären Perspektive erschließen. Dazu gehören Beiträge aus den Bereichen Erkenntnistheorie, Forschungsmethodologie, Wissenschaftsphilosophie, historische Wissenschaftsforschung, Wissenschaftsethik und Wissenschaftsdidaktik, wobei als Bezugswissenschaften dieser Untersuchungen alle geistes-, natur-, sozial- und technikwissenschaftlichen Disziplinen berücksichtigt werden.

Hier geht es zur Website der Zeitschrift.